Euphorie und Unbehagen
Jüdisches Museum Wien 2013

Kuratorin: Andrea Winklbauer

Als Einzelstücke, in kleinen, fla-
chen Vitrinen präsentiert, werden
auch sehr kleine Exponate, wie
Postkarten, Erinnerungsfotos oder
Werbedrucke, zu besonderen,
kostbar wirkenden Ausstellungs-
objekten. Die Gestaltung verdich-
tet diese Einzelpräsentationen zu
großen, rhythmisch strukturierten
Gruppen. „Warme“, textile Ge-
webe vor changierenden Pastell-
tönenund „kalte“, metallische
Oberflächen vor schwarzem
Hintergrund, durch intensive
Farben betonte Wandbereiche
und Raumnischen, erzeugen
wechselnde Raumstimmungen. 

Euphorie und Unbehagen

[...] Die Ausstellungsarchitektur 
Bernhard Denkingers reagiert
in sensibler Weise auf die
atmosphärischen Gegebenheiten.
Ob nun Samtvorhänge Wohn-
zimmerflair schaffen – apropos:
Die „Briefe an eine Putzmacherin“
fehlen ebenso wenig wie die
bissige Reaktion des Feuilleto-
nisten Daniel Spitzer darauf –,
oder ob es die rhythmische
Taktung von Vitrinen tut, die
zwischen sanft phrasierter Wellen-
bewegung und hartem Staccato
unterscheiden; eine „Kunst des
Übergangs“ paraphrasierend, die
man durchaus lernen kann.
Nicht zuletzt bei Richard Wagner...

Wilhelm Sinkovicz in „Die Presse“,
25.09.2013

Euphorie und Unbehagen

Wagners Hetzschrift „Das Juden-
thum in der Musik“ (links) als Ziel-
punkt der Eingangsachse, Porträt-
Miniaturen zeitgenössischer jüdi-
scher Komponisten werden zu
einem aus Einzelbildern zusam-
mengesetzten Gesamtbild gefasst.

Euphorie und Unbehagen

Der textile Charakter des Raumes
ist von Daniel Spitzers Wagner-
karikatur „Briefe Richard Wagners
an eine Putzmacherin“ aber auch
von Filmsets von David Lynch
inspiriert.

In schwebenden Vitrinen präsen-
tierte Zeugnisse zu Wagners Zeit
in Wien „treten auf“. Teile der
Vitrinenkörper bleiben hinter den
Vorhängen verborgen.

Die regelmäßige, halbkreisförmige
Wellenfolge der Vorhänge wird
durch ein speziell gefrästes
Klemmprofil ermöglicht.

Euphorie und Unbehagen

Auf einer geneigten, silber-metal-
lischen Ebene werden kleinforma-
tige Objekte zu den einzelnen
Wagneropern in Werkgruppen ge-
fasst. Die schräge Ebene aufstei-
gend, führen sie zu Plakaten der
ersten Aufführungen. Diese
werden ungerahmt, in schwarzen
Passepartouts und flachen Acryl-
hauben präsentiert.

Es entsteht der Eindruck eines
durchlaufenden, kontinuierlichen
schwarzen Hintergrunds, vor dem
sich die beigefarbigen Plakat-
objekte abheben.

Euphorie und Unbehagen

Im Durchgang zum nachfolgenden
Raum erreicht die Bewegung
ihren Höhepunkt, das Ziel,
Bühnenbildentwürfe von Alfred
Roller, wird sichtbar.

Euphorie und Unbehagen

Seitlich begleitet durch ausklingen-
de Wellenbewegungen kommt das
Ziel, der Höhe- und Endpunkt der
räumlichen Bewegung, den Besu-
chern gleichsam entgegen. Mit
einer leichten Drehung weist die
Installation auf den anschließenden
Raum.

Euphorie und Unbehagen

Aufgeschlagene Notenblätter
oder eine auslaufende Welle.

In verschiedenen Höhen ragen
Objekte zur Wagner-Verehrung
(Wagnerverein und Wagner-
museum) über die an- und ab-
steigenden Schrägen.

Euphorie und Unbehagen

Absteigend geht die vertikale
Bewegung in eine verhaltenere,
horizontale über.
Projektionen (links, hinter dem
Durchgang) schaffen eine zweite 

Wahrnehmungsebene.

Euphorie und Unbehagen

Den verschieden tief in den Raum
ragenden Thesen der von Wagner
inspirierten Antisemiten antworten
die zu einem großen Bogen ge-
reihten jüdischen Verfasser visio-
närer Konzepte und kulturphiloso-
phischer Werke.

Kleinformatige Objekte werden
über Konsolen den Besuchern
gleichsam entgegengeführt, die
Wand als Fläche für Projektionen
und Hintergrundbilder verwendet.

Euphorie und Unbehagen

Kleinformatige Ausstellungsobjekte
werden zur Raummitte hin geführt.
Objekte und Projektionen “ver-
schmelzen“, sind gleichzeitig wahr-
nehmbar.

Euphorie und Unbehagen

Fundstücke, Devotionalien, ver-
streute Werkspuren „wohnen“
in je eigenen Gehäusen.

Euphorie und Unbehagen

Rekonstruktion nach 1945. Schrif-
ten exemplarischer Wagnergegner
und –Befürworter, interpretiert als
vier parallel versetze „Bewegung-
en“, die nicht zu Ende geführt
werden; eine begonnene, nicht
abgeschlossene Konstruktion.

Euphorie und Unbehagen

Ein kräftiger Farbakzent kenn-
zeichnet den Übergang zur
letzten Raumsequenz.

Inhaltlich und chronologisch
sehr unterschiedliche Film-
ausschnitte (Autorenfilm,
Comedy, Fantasy, wegweis-
ende Neuinterpretationen)
werden durch Farbe visuell
vereinheitlicht.

Die Adaptierung und Zitierung
von Wagnerthemen im Film zeigt
eine enzyklopädisch-rezitative
Rezeption Wagners, die im Gegen-
satz zur räumlich gegenüber-
liegenden Station steht, die die
Debatte über Wagner zeigt.

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